Noch einmal 18 Jahre sein, das wünschen sich sicher viele, die der Debatte einer wachsende Gruppe von EU-Parlamentariern folgen, die Jungeuropäer zu ihrem 18. Geburtstag mit einem kostenlosen InterRail-Ticket auf Europa-Entdeckungsfahrt schicken wollen. Die Idee findet Unterstützung und ein konkreter Gesetzesvorschlag dazu soll in den nächsten Wochen und Monaten in der EU-Kommission ausgearbeitet werden.
Der Wunsch junge Menschen für die EU zu gewinnen und eine gemeinsame europäische Identität zu stiften, steckt hinter dem Vorstoß, der in der vorvergangenen Woche vom Fraktionsvorsitzenden der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber kam. Ihm sei die Idee nach einer Rede des Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker im EU-Parlament gekommen, in der er sagte, dass sich die EU in einer “existenziellen Krise” befinde.
Tatsächlich stellen immer mehr Umfragen fest, dass es nicht nur unter den alten, sondern auch unter den jungen EU-Bürgern an Begeisterung für Europa fehle. Nicht zuletzt hat auch der Brexit gezeigt, dass die Ausbildung eines stärkeren „Europabewusstseins“ langfristig für das Überleben der EU existenziell notwendig sein wird. Doch sind InterRail-Tickets die richtige Antwort auf diese Herausforderung?
Kosten von bis zu 1,5 Milliarden Euro
Für alle, die das Geschäftsmodell hinter InterRail noch nicht kennen: InterRail bezeichnet Zugtickets mit denen innerhalb eines bestimmten Zeitraums unbegrenzt viele Zugfahrten bei bestimmten europäischen Eisenbahngesellschaften genutzt werden können. Die möglichen Reiseziele können sich je nach Ticketvariante entweder auf ein bestimmtes Land begrenzen oder wie im Falle des „InterRail Global Pass“ sogar auf insgesamt 30 europäische Länder erstrecken. Das ganze wird zu einem mehr oder weniger günstigen Pauschalpreis angeboten, der unter anderem auch nach Altergruppe gestaffelt ist.
Für die 18-jährigen Jungeuropäer beispielsweise würde ein vierwöchiger Pass für alle Länder Europas in der zweiten Klasse mit 479 Euro zu Buche schlagen. Laut der EU-Statistikbehörde Eurostat gab es im vergangenen Jahr in allen 28 Mitgliedsländern der EU 5,4 Millionen Jugendliche, die das 18. Lebensjahr erreicht haben. Würden nun 70 Prozent davon das Angebot eines Gratis-InterRail-Tickets annehmen, kämen die Kosten dafür auf rund 1,5 Milliarden Euro – eine stattliche Investition.
Europa entdecken!
Trotzdem erhielt das Projekt bisher fast ausschließlich positive Rückmeldungen. So zeigte sich etwa der italienische Regierungschef Matteo Renzi regelrecht euphorisch und soll ausgerufen haben: „Machen wir!“ Auch Vize-Europaparlamentspräsident Alexander Graf Lambsdorff (FDP) sagte gegenüber der Welt: „Ich finde die Idee für ein Gratis-Interrail-Ticket sehr sympathisch.“
Auch Europaabgeordneter Jo Leinen von der SPD und der Grünen-Verkehrspolitiker Michael Cramer äußerten sich positiv. Ob die Idee am Ende tatsächlich umgesetzt werden kann, steht noch in den Sternen. Aber viele Jugendliche können schon heute davon träumen mit einem Zugticket in der Hand ganz Europa zu entdecken.
Hier schon vorab einige Tipps für die perfekte Reise mit dem InterRail-Ticket (auch wenn Sie schon über 18 sind):
„Global Pass“ vs. „One Country Pass“: Willst du dir die volle Dosis Reiseabenteuer geben und in einem zusammenhängenden Trip gleich ganz Europa bereisen oder reicht es dir vielleicht auch ein Land in seiner gesamten Vielfalt zu erkunden? Gerade große Länder wie etwa Frankreich bieten mit seinen vielfältigen Regionen – von der Normandie über die Bretagne bis in die Provence – genug Sehenswertes, um selbst einen ausgedehnten Urlaub auszufüllen.
Bedenken Sie, dass Sie mit dem „One Country Pass“ in diesem Fall wesentlich günstiger wegkommen. Flexibel vs. Fortlaufend: Mit einem flexiblen Pass können Sie zwar grundsätzlich an jedem Tag innerhalb der Gültigkeitsdauer des Passes reisen, müssen aber die Anzahl der Reisetage bereits bei der Buchung festgelegen. Das erfordert einiges an Planung.
In der Praxis bedeutet dies, vorab genau festzulegen, wohin es gehen soll, denn wenn Sie sich für einen 10-Tage-Pass mit 4 Reisetagen entscheiden, können Sie auch wirklich nur an 4 Tagen innerhalb des zehntägigen Zeitraumes reisen. Mit einem fortlaufenden Pass (nur für Global Pass erhältlich) können Sie sich hingegen unbegrenzt an jedem Tag des Zeitraumes, in den nächsten Zug setzen. Ein fortlaufender Pass ermöglicht natürlich mehr Freiheit, da man auch spontan seine Reisepläne ändern und etwa zusätzliche Ziele berücksichtigen kann, er ist allerdings auch teurer.
Informieren Sie sich über Rabatte und Zusatzleistungen: Gerade beim „Global Pass“ sind vielerorts nicht nur Zugverbindungen, sondern auch diverse Fähren im Preis mit inbegriffen. An anderen Stellen berechtigt das Ticket zumindestens zu einem ermäßigten Tarif. Auch bei Unterkünften und diversen Attraktionen können InterRail-Reisende sparen.
Achten Sie auf Zusatzkosten: Manche Eisenbahngesellschaften erheben zusätzliche Kosten beispielsweise für Reservierungen. Auch für einige Zuggattungen, vor allem für Hochgeschwindigkeitszüge wie den ICE Sprinter und den TGV wird ein Aufpreis fällig. Achten Sie darauf sich am Bahnhof vor dem Fahrtantritt über mögliche Zusatzkosten zu informieren und sie gegebenenfalls zu begleichen. Die diesbezüglichen Bedingungen in den einzelnen Ländern können sehr unterschiedlich sein.